Trutz besaß eine umfangreiche Bibliothek, doch ein Buch ragte für ihn aus allen heraus. Es war kein
besonders prächtiges Antiquariat, und auch der Titel schien auf den ersten Blick wenig
Besonderes zu versprechen. Doch für Trutz war es sein größter Schatz, sein Buch Nummer eins.Er hatte es einst auf einem kleinen Antiquariat in einer fernen Stadt entdeckt. Das Buch war unauffällig, mit einem einfachen Lederband, doch etwas an ihm hatte Trutz magisch angezogen. Er hatte es gekauft, ohne zu zögern, und es wurde schnell zu seinem ständigen Begleiter.
In diesem Buch hielt Trutz seine Gedanken fest. Es war sein Notizbuch, sein Nachschlagewerk, sein Ort der Zuflucht. Hier schrieb er über seine Träume, seine Ängste, seine Hoffnungen. Er notierte Zitate aus anderen Büchern, die ihn berührten, und entwickelte eigene philosophische Gedanken. Mit der Zeit füllte sich das Buch Seite für Seite. Die Schrift wurde kleiner, die Ränder enger. Es war ein einzigartiges Kunstwerk, das nur er verstand.
Es war mehr als nur ein Buch. Für Trutz war es ein Spiegel seiner Seele. Er spürte eine tiefe Verbindung zu dem alten Buch, das im Laufe der Zeit immer neue Gedanken erhielt, bis am Ende keine der ursprünglichen Seiten mehr vorhanden war. War es dann noch dasselbe Buch? Diese Frage hatte ihn sein Leben lang begleitet.
Trutz erzählte niemandem von seinem besonderen Buch. Es war sein innerstes Geheimnis. Er hatte Angst, dass andere es nicht verstehen würden oder dass es ihm weggenommen werden könnte.
Als Trutz alt wurde, verbrachte er immer mehr Zeit mit seinem Buch. Er las die alten Einträge und lächelte über seine jugendlichen Träume. Er schrieb neue Gedanken nieder und blickte zurück auf sein Leben.
Eines Tages, als Trutz' Kräfte immer mehr schwanden, hielt er das Buch noch einmal in den Händen. Er streichelte den ledernen Einband und schloss die Augen. In diesem Moment fühlte er eine tiefe Ruhe. Er wusste, dass sein Leben ein erfülltes gewesen war und dass sein größter Schatz sicher aufgehoben war. Er beschloss, dass er jemand suchen musste, der dieses Buch weiter mit Leben füllen sollte.